Leipziger Volkszeitung vom 07. Juli 2000


bfb-Personalrat befürchtet Abbau auf 2500 Beschäftigte

Stadtverwaltung: Derzeitige Größe nicht zu halten / Streit um neue Chefs

Leipzig. "Wir sind entäuscht und entsetzt zugleich." Das sagte gestern Torsten Steinbach vom Leipziger Betrieb für Beschäftigungsförderung (bfb). Er als Personalchef habe erst aus dieser Zeitung erfahren, dass die Rathauspitze für den städtischen Betrieb zwei neue Geschäftsführer nominiert hat. "Noch am Mittwoch habe ich mit dem Verwaltungsbeigeordneten Andreas Müller gesprochen. Und er meinte lediglich, dass dringend ein Betriebsleiter eingestellt werden müsse. Von zweien war nicht die Rede, obwohl genau das zu dem Zeitpunkt bereits fest gestanden hat. Ein glatter Vertrauensbruch", so Steinbach.

Die schlimmsten Befürchtungen vieler bfb-Mitarbeiter seien jetzt eingetreten, meinte der 33-Jährige. Die Rückkehr des vom Dienst suspendierten langjährigen Chefs des städtischen Betriebes, Matthias von Hermanni, sei nicht gewollt.

Denn mit Umweltamtsleiter Andreas Aegerter und dem Chef des Aufbauwerkes, Hartmut Siemon, die beide als Betriebsleiter ausgewählt wurden, sei die Firmenspitze komplett. Steinbach fürchtet ferner, dass die Beschäftigtengröße reduziert werden soll. "Nach unseren Erkenntnissen ist ein Abbau des Unternehmens auf 2500 Beschäftigte geplant." Dies sei unverantwortlich angesichts der vielen Arbeitslosen in der Stadt, für die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) ein Rettungsanker darstellten.

Nach Steinbachs Angaben bekommt der Betrieb seit Monaten kaum noch Aufträge aus den Fachabteilungen der Kommune. "Wir haben zu rund 100 Anfragen aus den Abteilungen Angebote unterbreitet, aber es tut sich nichts. Wir vermuten Absicht."

Beigeordneter Müller kann die Sorge nur zum Teil nachvollziehen. Beschäftigungsförderung sei ein Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinne. Die Stadt wäre ja töricht, wenn sie eine Einrichtung wie den bfb nicht unterstützen würde, sagte er gestern gegenüber unserer Zeitung. Für die derzeit "komplizierte Lage" gebe es mehrere Gründe, so Müller. So stünden in diesem Jahr erheblich weniger Sachkostenzuschüsse des Arbeitsamtes für ABM zur Verfügung.

Dass die Mitarbeiter Kritik an einer schnellen Besetzung der bfb-Spitze üben, kann Müller nicht verstehen. Das Volumen der von den Fachämtern vergebenen Aufträge an den Betrieb sei in der Tat zurückgegangen. Das liege nicht am Willen der Behörden, sondern es fehlten konkrete Projekte. "Von der Neubesetzung verspreche ich mir deshalb, dass schnell nach neuen Aufgabenfeldern für den bfb gesucht wird", so Müller.

Er stellte auch klar, dass die Größe von 5000 Beschäftigten nicht zu halten sei. Ein Herunterfahren auf 2500 sei auf keinen Fall gewollt. Jetzt komme es darauf an, Projekte für den bfb zu entwickeln, sonst könne der Betrieb beim Arbeitsamt weniger AB-Maßnahmen als bislang beantragen. Dann gebe es Grund zur Sorge.

Andreas Dunte