Hermanni erhebt schwere Vorwürfe gegen Staatsanwalt
Ex-bfb-Chef spricht von Zeugen-Manipulation
Leipzig.
Am gestrigen zweiten Prozesstag im Fall Matthias von Hermanni war die
Staatsanwaltschaft weitestgehend zum Schweigen verurteilt. Es war der
Tag des Hauptangeklagten. Und Hermanni, dem Untreue, Betrug und Bestechlichkeit
in insgesamt 34 Fällen vorgeworfen wird, genoss seinen Auftritt
vor dem Leipziger Landgericht. "Ich habe lange auf diesen Tag warten
müssen, meine Ausführungen können dauern", so der
ehemalige Chef des Leipziger Betriebes für Beschäftigungsförderung
(bfb).
Und es dauerte. Während sich der Mitangeklagte und damalige Geschäftspartner
Jürgen Sobiak, mit dem Hermanni bei der Vermietung von Baumaschinen
gemauschelt haben soll, bewusst desinteressiert zeigte und Zeitung las,
packte Hermanni umfängliche "Schaubilder" aus. Aus seiner
ehrenamtlichen Tätigkeit als Schöffe und Arbeitsrichter wisse
er solche Veranschaulichungen zu schätzen. Und so verteilte er
vor schmunzelndem Publikum stapelweise Schautafeln und Diagramme an
Richter, Schöffen und Anwälte.
Was dann folgte, war ein detaillierter Überblick über Vorgänge
auf verschiedenen Baustellen in Leipzig, auf denen der bfb im Auftrag
von städtischen Firmen tätig war. Kurz zusammengefasst: Rechnungen
seien hin und her geschoben worden, allerdings mit System und zwar auf
Basis von Pauschalverträgen mit monatlicher Budgetierung. Das Ganze
nicht nur mit Wissen, sondern auf Bitten der Auftraggeber, so Hermannis
Darstellung. Während die Anklage von einem Schaden in Höhe
von 1,9 Millionen DM ausgeht, sagte der 47-Jährige: "Keine
Täuschung und kein Schaden."
Dann wetterte er gegen die Staatsanwaltschaft: Drei ehemalige bfb-Beschäftigte
mit vor Gericht zu stellen, diene nur dem Zweck, sie als Entlastungszeugen
auszuschalten. Die Staatsanwaltschaft, die insgesamt ruhig und gefasst
reagierte, verbat sich derartige Unterstellungen. Hermanni ließ
indes nicht locker. Er sprach von manipulierter Zeugen-Befragung in
der Ermittlungsphase und von unterschlagenen Akten.
Wegen gesundheitlicher Probleme eines bfb-Angeklagten im Rentenalter
brach der Richter vorzeitig ab. Der Mammutprozess soll bis April nächsten
Jahres gehen.
Andreas Dunte