Leipziger Volkszeitung vom 17. Oktober 2001





Hermanni: Hauptbeweis ist Fälschung
Ex-bfb-Chef vor Gericht

Leipzig. Dritter Verhandlungstag im Fall Matthias von Hermanni: Erneut reichte der ehemalige Chef des Leipziger Betriebes für Beschäftigungsförderung (bfb) eigene Aufzeichnungen an Richter und Schöffen aus, damit sie seinen umfänglichen Ausführungen "besser folgen können". Erneut redete Hermanni. Doch dieses Mal weniger emotionsgeladen. Sachlich reihte der 47-Jährige Fakten aneinander, die das Gerüst der Anklage "wie ein Kartenhaus einstürzen lassen", sagte er. "Wer klagt hier eigentlich wen an", fragte folglich einer der Zuschauer im Saal.

In insgesamt 34 Fällen wirft die Staatsanwaltschaft Hermanni Untreue, Betrug und Bestechlichkeit vor. Der städtische Angestellte soll mit seinem damaligen Geschäftspartner Jürgen Sobiak bei der Vermietung von Baumaschinen gemauschelt haben. Schaden: 1,9 Millionen DM.

Laut Hermanni geht die Staatsanwaltschaft von falschen Zahlen aus. Bei seinen Ausführungen stützte sich der Ex-bfb-Chef auf das, wie er sagte, wirklichkeitsfremde Rechenwerk der Staatsanwaltschaft und schlussfolgerte nach einem mathematischen Exkurs mit den Worten:"Herr Sobiak hätte für drei Jahre Arbeit, Aufwendungen und Zinsen sogar noch eine halbe Million DMmitbringen müssen. Es gibt keinen Schaden, es gibt keine Täuschung."

Hermanni ging noch einen Schritt weiter: Bei dem Schriftstück, das zu seiner Verhaftung 1999 geführt hat, handele es sich nicht nur um eine Kopie, sondern um eine Fälschung. Das Papier trägt die handschriftliche Aufforderung an Sobiak zum Betrug. Bei einer Beschlagnahme sämtlicher Geschäftsunterlagen Sobiaks im August 1994 in Hannover durch die Steuerfahndung sei das Schreiben nicht gefunden worden, obwohl es einen Monat davor datiert. "1994 ist lange her", meinte Hermanni, aber der damalige Steuerfahnder könne sich an den Vorgang genau erinnern. "Es handelt sich um den Mann meiner damaligen persönlichen Sekretärin. Ihm wäre das Papier gewiss aufgefallen", so Hermanni.

Nächsten Dienstag geht der Prozess mit der Zeugenvernehmung weiter.

Andreas Dunte