Hermanni will "Kopf des Staatsanwalts"
Ex-bfb-Chef spricht von politischem Verfahren / Anklagebehörde
weist Vorwurf als unsachlich zurück
Leipzig. "Das rechtswidrige Verhalten der Staatsanwaltschaft Leipzig
chronologisch in Stichworten." So überschrieben hat Matthias
von Hermanni eine Liste mit 16 Punkten, die er gestern der Öffentlichkeit
präsentierte. Der ehemalige Chef des Leipziger Betriebs für
Beschäftigungsförderung (bfb) greift darin massiv die Staatsanwaltschaft
und "deren Hintermänner" an. Die Rede ist von Unterschlagung
entlastender Fakten, verschwundenen Akten und Irreführung des Gerichts.
Hermanni, der vor zweieinhalb Jahren verhaftet wurde und auf Kaution
wieder frei kam, will nach Aufhebung des Haftbefehls gegen ihn (wir
berichteten) das "System" enttarnen. "Ich will den Kopf
des Staatsanwalts." Das Verfahren gegen ihn sei "politisch
gewollt".
Seine Anwälte Andreas Meschkat und Klaus Schurig vermuten eine
Einflussnahme aus Dresden. "Ein erfolgreicher bfb passt nicht in
die Wirtschafts-Landschaft Sachsens." Genauer will die Verteidigung
des 48-Jährigen derzeit nicht werden. Sie stelle sich auf einen
langen Prozess ein, "der noch Monate, ja Jahre gehen kann".
Als äußerst unsachlich wertet Oberstaatsanwalt Norbert Röger
die Vorwürfe. Sie entbehrten jeder Grundlage. "Es gibt keine
Hintermänner", sagt er gegenüber unserer Zeitung. Die
Staatsanwaltschaft sei Hinweisen nachgegangen, habe ermittelt und Hermanni
für hinreichend verdächtig befunden. "Deshalb kam es,
ja musste es zur Anklage kommen. Und dies hat das Gericht genau so gesehen,
sonst hätte es die Anklage nicht zulassen dürfen."
Die Wirtschaftsstrafkammer werde "die Kraft und auch die Souveränität
haben, zu einem richtigen und gerechten Urteil zu gelangen". Daran,
dass dies nur ein Schuldspruch sein könne, lässt Röger
keinen Zweifel. Hermanni wird beschuldigt, gemeinsam mit einem früheren
Geschäftspartner beim Mietkauf von Baumaschinen gemauschelt zu
haben. Der entstandene Schaden soll sich auf eine Million Euro belaufen.
Röger wertet es auch nicht als Schlappe, dass der Befangenheitsantrag
gegen das Gericht abgeschmettert wurde. "In den seltensten Fällen
hat so etwas Erfolg." Auch er geht davon aus, dass der Prozess
noch lange dauern wird. Bislang sei nur der erste Teil einer Fülle
von Anklagepunkten erörtert worden. Die Staatsanwaltschaft hat
am vorletzten Verhandlungstag allein 62 neue Beweisanträge eingereicht.
Und die beziehen sich auf den ersten Anklageteil.
Hermanni bezeichnet dies als Verschleppung des Verfahrens. Aber er werde
dies überstehen und den Gerichtssaal als freier Mann verlassen.
"Ich habe Freunde und eine Familie, die hinter mir stehen."
Andreas Dunte