Leipziger Volkszeitung vom 05. Juni 2002


Staatsanwalt gegen Prozessverschleppung

Leipzig. Im Prozess gegen Matthias von Hermanni hat die Anklage eine herbe Niederlage erlitten. Das Gericht beschloss gestern, weitere Beweisanträge der Staatsanwaltschaft nicht zuzulassen. Abgeschmettert wurden die Anträge "wegen Bedeutungslosigkeit" oder weil die "Beweisbehauptung aufs Geratewohl gestellt wurde", heißt es in der Begründung.

"Damit schiebt das Gericht der Verschleppungstaktik der Anklage endlich einen Riegel vor", sagte Anwalt Andreas Meschkat, der den früheren Chef des Leipziger Betriebes für Beschäftigungsförderung (bfb) verteidigt. Hermanni, der seit Oktober vergangenen Jahres vor Gericht steht, wurde 1999 wegen des Verdachts auf Betrug und Untreue verhaftet, kam anschließend auf Kaution frei. Der Haftbefehl wurde im März dieses Jahres aufgehoben.

Die Wortwahl des Gerichts spreche Bände so Meschkat. Dies sei die "reinste Abfuhr". Zum Hintergrund: Die Staatsanwaltschaft hatte die Aufhebung des Haftbefehls verhindern wollen. Erst müsste über weitere Beweisanträge entschieden werden, so damals die Begründung. Da dem die 11. Strafkammer des Landgerichts Leipzig unter dem Vorsitzenden Richter Karsten Nickel nicht nachgekommen war, stellte die Anklage Befangenheitsantrag gegen das Gericht, der im April abgewiesen wurde.

Der Fülle der Beweisanträge kam das Gericht aber nach. Woche für Woche wurden Zeugen vernommen, die zuvor schon zwei-, dreioder mehrmals gehört worden waren.

Mit dem jetzigen Beschluss sei "das Thema Betrug und Untreue vom Tisch", so die Verteidigung. Die Anklage wirft Hermanni, der immer noch Angestellter der Stadt Leipzig ist, vor, gemeinsam mit einem früheren Geschäftspartner beim Mietkauf von Baumaschinen gemauschelt zu haben. Der entstandene Schaden soll sich auf eine Million Euro belaufen.

Vor kurzem trennte das Gericht das Verfahren gegen zwei weitere Mitangeklagte (ebenfalls bfb) ab und setzte es aus. Im Beschluss heißt es, dass die Schuld der Angeklagten allenfalls gering ausfallen würde, "falls sie überhaupt zu beweisen wäre".

Andreas Dunte