Anklage:
Vier Jahre Haft für Hermanni
Leipzig. Im Fall Matthias von Hermanni hat die Staatsanwaltschaft jetzt
das Plädoyer gehalten: Sie fordert vier Jahre Gefängnis für
den ehemaligen Chef des Leipziger Betriebes für Beschäftigungsförderung
(bfb). Für den mitangeklagten Geschäftspartner aus Hannover,
mit dem Hermanni gemeinsame Sache gemacht haben soll, beantragte Staatsanwalt
Thomas Gast zwei Jahre und drei Monate Haft. Dem Ex-bfb-Chef wird Untreue
und Bestechlichkeit vorgeworfen, der mitangeklagte Bauunternehmer ist
der Beihilfe zur Untreue angeklagt.
Zur Prozesseröffnung war die Anklage von einem Schaden in Höhe
von knapp einer Million Euro ausgegangen. Jetzt rechnete der Staatsanwalt
einen Schaden von über 600F000 Euro vor - entstanden sei er dadurch,
dass der bfb Baumaschinen zu überhöhten Preisen von Hermannis
Geschäftspartner angemietet haben soll. Als Gegenleistung habe
dieser am Privathaus des Beamten unentgeltlich Arbeiten im Wert von
25F000 Euro ausgeführt. Zu Prozessbeginn war vom Zehnfachen die
Rede.
Nächste Woche hat die Verteidigung das Wort. Hermannis Anwälte
rechnen mit einem Freispruch für ihren Mandanten. Am 3. Dezember
soll das Urteil verkündet werden.
Damit geht der längste Prozess in Sachsen zu Ende. Beginn war am
4. Oktober 2001. Die Wirtschaftsstrafkammer des Leipziger Landgerichts
hatte ursprünglich 23 Verhandlungstage bis April 2002 angesetzt.
Aber erst im März wurde der Haftbefehl aufgehoben. Das Gericht
sei zur "vorläufigen Beurteilung" gekommen, hieß
es, dass ein dringender Tatverdacht hinsichtlich einer Betrugsstraftat
nicht vorliege. Es könne weder Täuschung noch Schaden erkennen.
Allerdings wies das Gericht vor kurzem darauf hin, dass eine Vermögensgefährdung
für die Stadt Leipzig hätte eintreten können. Hermanni
habe die Zahlung der Mietpreise für die Baumaschinen veranlasst,
ohne mit dem Unternehmer zugleich den Gesamtkaufpreis zu vereinbaren.
Dies sei auch eine Form der Untreue.
Hermanni, der einen der größten Betriebe Ostdeutschlands
führte (zum Jahresende wird er gänzlich abgewickelt), war
Ende 1999 verhaftet worden. Knapp einen Monat saß er in Untersuchungshaft
und kam erst gegen eine Kaution in Höhe von 128.000 Euro auf freien
Fuß. Ursprünglich wurden sogar 400.000 Euro Kaution verlangt.
Andreas Dunte