Hermanni-Verteidiger
fordern Freispruch
Leipzig. Im Fall Matthias von Hermanni ging es gestern heftig zu. Die
Verteidigung des ehemaligen Chefs des Leipziger Betriebes für Beschäftigungsförderung
(bfb) forderte im Plädoyer nicht nur Freispruch, sondern auch Entschädigung
für Untersuchungshaft und Kosten, die dem 48-Jährigen entstanden
sind. Und sie griff massiv die Staatsanwaltschaft an.
Nach über 50 Verhandlungstagen sei im längsten Prozess in
Sachsen (Beginn war im Oktober 2001) nur "ein Trümmerberg
namens Anklage" übrig, so Hermannis Anwälte Andreas Meschkat
und Klaus Schurig. Die Verteidiger bemühten sogar ein Zitat aus
der Zeit der "Spiegel-Affäre":"Den Täter haben
wir, die Tat wird sich finden."Auch im aktuellen Fall sei wider
besseren Wissens vorverurteilt worden, sagte Meschkat. Er sprach von
manipulierten Beweisanträgen, unbegründeten Hausdurchsuchungen
und Prozessverschleppung.
Die Staatsanwaltschaft hatte wegen Untreue und Bestechlichkeit auf eine
Freiheitsstrafe von vier Jahren plädiert. Der bfb, so die Anklage,
habe Baumaschinen zu überhöhten Preisen von Hermannis Geschäftspartner
Jürgen Sobiak angemietet (Schaden 600.000 Euro). Als Gegenleistung
habe Sobiak am Privathaus des Beamten unentgeltlich Arbeiten ausgeführt.
Die gekauften Baumaschinen (insbesondere geht es um Betonbrecher) seien
weder zu teuer gekauft, noch sei irgend jemand getäuscht worden.
Und es gebe keinen Schaden, so die Verteidigung. Im Gegenteil, durch
den Verkauf von Betonbruch habe die Stadt einen Gewinn in zweistelliger
Millionenhöhe gemacht. Schaden habe allein das Verfahren verursacht:Kosten
für Prozess und Ermittlungen in Höhe von zwei Millionen Euro,
einen abgewickelten bfb, höhere Ausgaben der Stadt für Sozialhilfe
und Ansehensverlust der Justiz in Sachsen.
Freispruch für ihren Mandanten forderte auch die Verteidigung des
mitangeklagten Sobiak, der nach Vorstellung der Staatsanwaltschaft zwei
Jahre und drei Monate hinter Gitter soll. Sobiak hatte eingeräumt,
unter dem Druck erlittener Untersuchungshaft gegen Hermanni ausgesagt
zu haben. In Wirklichkeit habe es aber keine Absprachen über Brechermieten
oder ähnliches gegeben. Allerdings bestand Sobiak gestern am Rande
der Verhandlung darauf, von Hermanni noch Geld in sechsstelliger Höhe
zu bekommen.
Sobiaks Anwalt stützte die Hermanni-These des politisch inszenierten
Prozesses. Auf die Bitte nach Unterlageneinsicht bei der Stadt Leipzig
sei ihm im Rechtsamt gesagt worden, entlastendes Material gebe es nicht,
nur Hermanni belastende Unterlagen würden herausgegeben.
Das Urteil soll in zwei Wochen gesprochen werden.
Andreas Dunte