Hermanni
rechnet mit Freispruch
Leipzig. "Lebensfremd", "handelt nicht fahrlässig,
sondern vorsätzlich", "hat den Richter reingelegt",
"vernebelt und verdunkelt". Im Prozess gegen den ehemaligen
Chef des Leipziger Betriebs für Beschäftigungsförderung
(bfb) musste sich gestern all diese Vorwürfe nicht etwa der angeklagte
Matthias von Hermanni anhören. Nein, es schien, als wollte der
48-Jährige seinem Ankläger - Staatsanwalt Thomas Gast - den
Prozess machen. In seinem nahezu dreistündigem Schlusswort ließ
der Ex-bfb-Chef kein gutes Haar an dem Juristen, der wegen eines "unaufschiebbaren
Termins" der Verhandlung ferngeblieben war.
Hermanni zeigte sich gereizt, weil ihn der Staatsanwalt als korrupten
Beamten vorgeführt und vier Jahre Haft gefordert hatte.
Ausführlich legte der Angeklagte dar, wie er 1992 von Hannover
nach Leipzig wechselte, seine 500-Quadratmeter-Wohnung aufgab, um samt
Familie vorübergehend in einen Wohncontainer zu ziehen. Wie er
den ABM-Stützpunkt in der Messestadt aufbaute, "um erwerbslose
Menschen zu beschäftigten". Wie er in der Woche 70 bis 80
Stunden arbeitete. Und endete immer wieder mit der rhetorischen Frage:"Sieht
so ein korrupter Beamter aus?"
Insbesondere ging er auf die Arbeit des ABM-Stützpunktes und späteren
bfb für die Stadt bei der Schaffung von Gewerbeflächen ein.
Hier soll Hermanni von einem befreundeten Unternehmer Baumaschinen zu
überhöhten Preisen angemietet und mit ihm gemeinsame Sache
gemacht haben. Bis ins Detail schilderte er, dass die Maschinen preiswert
gekauft worden seien und ihr Einsatz der Stadt viel Geld gebracht hätte.
Über Anmietung und Kauf habe es Einvernehmen mit der Stadtverwaltung
gegeben.
All das sei der Staatsanwaltschaft "vom ersten Tag an" bekannt
gewesen, so Hermanni. Dennoch habe sie ihre "aberwitzigen Theorien"
weiterverfolgt, in der Hoffnung, "bei einem korrupten Beamten wie
mir wird sich schon etwas finden". Seit seiner Verhaftung 1999
bis heute seien Kosten für Anwalt und eigene Ermittlungen in Höhe
von rund 100.000 Euro entstanden. Für kommenden Freitag wird das
Urteil erwartet. Hermanni rechnet mit Freispruch.
Andreas Dunte