Hermannis später Triumph Nach jahrelanger Verfolgung jetzt der Triumph: Das Strafverfahren gegen den früheren Chef des Betriebs für Beschäftigungsförderung (bfb), Matthias von Hermanni, ist eingestellt worden. Das teilte das Landgericht Chemnitz gestern auf LVZ-Anfrage mit. Die Kosten trägt die Staatskasse. Hermanni steht jetzt offenbar vor seiner Rückkehr ins Rathaus und könnte hohe Gehalts-Nachzahlungen fordern. Die 4. Strafkammer des Gerichts begründet die Einstellung damit, dass der nachweisbar durch Hermanni verursachte Schaden nur 120,06 Mark betrug. "Damit ist die Schuld des Angeklagten als gering zu werten, so dass ein öffentliches Verfolgungsinteresse nicht besteht", so Sprecher Matthias Wolff. Für die Untersuchungshaft vom 29. November bis 22. Dezember 1999 und für Schäden, die durch eine Hausdurchsuchung und Beschlagnahme entstanden sind, sei Hermanni zu entschädigen, so das Gericht. Insbesondere darüber hatte es im Vorfeld noch Auseinandersetzungen mit der Leipziger Staatsanwaltschaft gegeben. Doch deren Einwand, der Betroffene habe "grob fahrlässig eine Strafverfolgungsmaßnahme selbst ausgelöst", wies das Gericht zurück. Die Staatsanwaltschaft, von der gestern keine Stellungnahme zu bekommen war, hat damit in den Verfahren auf der ganzen Linie verloren. Sie hatte die Ermittlungen vor mehr als sechs Jahren aufgenommen - zunächst auf der Basis von Vorwürfen eines früheren Geschäftspartners Hermannis - und immer mehr ausgeweitet. Angeklagt wurden schließlich 74 Punkte. Das Landgericht Leipzig erkannte sieben Untreue-Fälle an und verurteilte Hermanni zu 18 Monaten Haft auf Bewährung. Begründung: Er habe im bfb Baumaschinen zu überhöhten Preisen angemietet und 360.000 Euro Schaden verursacht. Im Februar 2005 hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf, empfahl die Einstellung des Verfahrens und stellte klar, dass allenfalls drei Anklagepunkte relevant seien. Das Verfahren wurde ans Landgericht Chemnitz verwiesen, das Ende Juni ankündigte, den Fall zu den Akten legen zu wollen. Das ist nun erfolgt. Die Haftentschädigung sei auch deshalb angebracht "weil von den ursprünglich in der Anklage aufgeführten 74 Fällen der Untreue letztlich nur drei Fälle übrig blieben", so das Gericht - und weil Hermanni "wegen seiner beruflichen und gesellschaftlichen Position und einer damit verbundenen Präsenz in der Öffentlichkeit durch das Verfahren einer überdurchschnittlichen Belastung ausgesetzt" gewesen sei. Hermanni, der mehrfach einen politischen Prozess unterstellt hatte, um den bfb zerschlagen zu können, sprach gestern von "sechs verlorenen Jahren". Aus seiner Sicht sei "das Modell bfb besser als alles, was wir heute haben", sagte der 52-Jährige - und kündigte an, er wolle sich nun wieder bemühen, "etwas gegen die Arbeitslosigkeit zu tun". Was und auf welcher Position, ließ er offen. Dazu müsse es Gespräche mit dem Stadtrat und dem Oberbürgermeister geben. OBM Wolfgang Tiefensee, derzeit im Urlaub, ließ der LVZ mitteilen, er wolle gleich nach den Ferien mit Hermanni sprechen, sich eine Meinung bilden und dann zusammen mit dem Ältestenrat entscheiden. Sprecherin Kerstin Kirmes fügte hinzu, es geben noch disziplinarische Prüfungen, die während des Strafverfahrens geruht hätten und wo nun zu entscheiden sei, ob man sie fortsetzt oder beendet. Diese Entscheidung sei offen. Intern heißt es im Rathaus, es sei klar, dass man Hermanni - der als Chef des 2003 abgewickelten bfb niemals abgewählt wurde - wieder eine Aufgabe geben müsse. Unklar sei nur, welche. Der aus Hannover stammende Hermanni ist seit 1975 Beamter und hat den höchsten Dienstrang - den des "leitenden Verwaltungsdirektors" - erreicht. Es müsste sich also um eine herausgehobene Position handeln, die man ihm anbietet. Als denkbar gilt im Ergebnis des gestrigen Richterspruchs, dass der Ex-bfb-Chef jetzt von der Stadt rückwirkend seine kompletten Bezüge fordert. Seit der Beurlaubung 1999 hat er nur 70 Prozent des Gehalts bekommen. Nachzahlungsforderungen könnten sich auf rund 100F000 Euro belaufen. Hermanni will sich dazu nicht äußern. Seine Aufwendungen im Strafverfahren hatte er mit "weit über 100.000 Euro" angeben. Die Entschädigungen aus der Staatskasse, mit denen zu rechnen sei, decken Insidern zufolge diesen Aufwand kaum zur Hälfte ab. So werden beispielsweise nicht die realen Anwaltskosten, sondern nur Pauschalbeträge gezahlt. Die Haftentschädigung pro Tag beträgt elf Euro. Thomas Müller |
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