Gerangel um Struktur der Arbeitslosen
Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) geht davon aus, dass sich die
Zahl der Leipziger Langzeitarbeitslosen mittelfristig auf 30 000 bis 35
000 Menschen einpendeln wird und damit auf die Stadt beträchtliche
Kosten zukommen. Dies hat er in der vergangenen Woche in Reden erklärt.
Ein internes Papier wird deutlicher. Unter der Überschrift
„Gegensteuerung/ Eindämmung von Belastungen aus Hartz IV“ listet das
Sozialamt der Stadt auf, dass sich die Zahl der Arbeitslosen noch
erhöhen könnte. In einem Worst-Case-Szenario – also der denkbar
schlechtesten Entwicklung – wären im nächsten Jahr 53 000 Messestädter
arbeitslos und bis zum Jahr 2009 kämen jeweils weitere 1000 hinzu.
Hanjo Lucassen, DGB-Chef von Sachsen, erwartet außerdem Veränderungen in
der Struktur der Arbeitslosen: Der Anteil der Langszeitarbeitslosen –
also derjenigen, die mehr als ein Jahr lang keinen Job haben – werde in
der nächsten Zeit deutlich zunehmen, prophezeit er. Bislang würden rund
40 Prozent aller sächsischen Jobsuchenden als Langzeitarbeitslose
eingestuft, künftig werde dieser Anteil bis auf 70 Prozent steigen,
befürchtet der DGB-Boss. In Leipzig ist diese Zahl bereits erreicht.
Andere Experten sehen dies ähnlich und begründen das nicht nur mit der
schlechten Arbeitsmarktlage, sondern auch damit, dass
Langzeitarbeitslose bei der Vergabe neuer Stellen immer schlechtere
Chancen haben. Zunehmend mehr Arbeitgeber würden Wert darauf legen, dass
ihre Bewerber nicht allzu lange dem Arbeitsprozess entwöhnt waren, heißt
es.
Auch Jung spricht sich für „die Entwicklung wirksamer
Arbeitsmarktprogramme“ aus. In der Monatsschrift „Sachsenlandkurier“ –
einem Fachblatt des Sächsischen Städte- und Gemeindetags – konstatierte
er in der vergangenen Woche, dass es in Leipzig dafür nur „erste
Ansätze“ gebe. „Große Würfe gelangen nicht“, schreibt er rückblickend in
dem Blatt. Mit Blick auf das beschränkte Eingliederungsbudget für das
Jahr 2006 lasse sich daran auch grundsätzlich „nicht viel ändern“.
Jung plädiert dennoch für die Entwicklung nachhaltiger
arbeitsmarktpolitischer Lösungen, die aber „über das reine quantitative
Element von Arbeitsgelegenheiten hinausgehen“ und eine „dauerhafte
Absenkung“ der Hilfsbedürftigen erreichen müssten. Auch für Jugendliche
und junge Volljährige müssten „nachhaltig arbeitssichernde Lösungen“
entwickelt werden.